Bhutan - Kultur, Monarchie & Geschichte

Das ferne "Land des Donnerdrachens" ist für unsere westliche Welt ein großes Mysterium geblieben. Ein Ort, an dem die Zufriedenheit der Bürger höher gewertet wird als das Bruttoinlandsprodukt, an dem mehr als die Hälfte der Landesfläche für den Schutz der Natur vorgesehen ist und wo religiöse und kulturelle Werte die Politik bestimmen: das erscheint wie der Schauplatz einer Märchenerzählung. Auch die Geschichte Bhutans, die wir Ihnen auf dieser Seite vorstellen, wirkt nicht minder fantastisch.

Ein Land voller Geheimnisse: die Geschichte von Bhutan

Alle bisherigen archäologischen Erkenntnisse über die Entstehung und Geschichte Bhutans sind mehr als lückenhaft. Aufgrund des Fundes von Steinwerkzeugen und Megalithen wird vermutet, dass die ersten Siedler um 2000 vor Christus ins Land kamen. Vereinzelt wird vermutet, dass Bhutan vom 7. bis zum 9. Jahrhundert zum Königreich Tibet oder zum nordindischen Reich Kamarupa gehörte - dafür gibt es allerdings keinerlei Belege. Auch über die Ureinwohner des Landes, die Thepu, ist sehr wenig bekannt, da diese über keinerlei Schriftkultur verfügten.

Der Buddhismus als Wiege der Geschichte Bhutans

Gegen Ende des 8. Jahrhunderts wanderten viele Tibeter nach Bhutan ein, darunter auch zahllose Mönche. Deren Lehren verdrängten zunehmend die indisch-hinduistischen Einflüsse, die bisher im Land vorgeherrscht hatten. Im 12. Jahrhundert erklärte man den Buddhismus zur Staatsreligion. Infolgedessen wurden unzählige Klöster errichtet, die als Stützen des feudalen Systems fungierten. Diese Klöster versinnbildlichen noch heute die tiefe Religiosität von Bhutans Einwohnern und deren Geschichte. Auf Bergen und an Gebäuden wehen Gebetsfahnen im Wind, die den Segen der Götter erbitten und Dämonen fernhalten sollen.

Aus vielen eines: die Einigung Bhutans unter Zhabdung Nawang Namgyal

Bis zur Herrschaft des Nawang Namgyal (von 1616 bis 1651) bestand das feudale Bhutan aus vielen unabhängigen Fürstentümern. Der anerkannte religiöse Führer, dem der Titel Zhabdung verliehen wurde, einigte das Reich und etablierte eine theokratische Führung. Namgyal gilt als Gründer des Staates und wird als Stifter der bhutanischen Identität verehrt. Er veranlasste die Gliederung der unterschiedlichen Regionen in ein schriftlich verwaltetes Land und schuf damit die Basis der heutigen bhutanischen Gesellschaft. Außerdem gab Namgyal dem Land Bhutan seinen noch heute gültigen Namen: "Land des Donnerdrachens". Er errichtete zahlreiche Dzongs und führte die Nationalgewandung - den Gho und die Kira - ein, was Bhutan zu einer eigenen kulturellen Identität verhelfen sollte. Nach Namgyals Tod verblieb das Land unter der Führung buddhistischer Priester.

Dzongs - Zentren religiöser und weltlicher Macht

Wer Bhutan einen Besuch abstattet, wird unweigerlich in den Bann der vielen imposanten Prachtbauten gezogen, die über den Tälern des Landes thronen. In früheren Zeiten waren sie der Sitz der Penlops und Desis, die als Vorsteher der verschiedenen Regionen fungierten - bis ihre Macht in der Position eines Landesherrn aufging. Dzongs waren große Handelszentren, dienten als Armee-Stützpunkte und als Veranstaltungsort vieler religiöser Feierlichkeiten (Tshechus), die teilweise noch heute dort abgehalten werden. Im Lauf der Jahrhunderte sind diese beeindruckenden Gebäude zum Wahrzeichen der Kultur Bhutans geworden.

Grenzkonflikt mit der Ostindien-Kompanie

1772 setzten die ersten Konflikte mit der britischen Ostindien-Kompanie ein, die beinahe einhundert Jahre andauern sollten. Hauptstreitthema waren die sogenannten Duars - fruchtbares Ackerland an den Ausläufern des südlichen Himalayas, das für die Wirtschaft Bhutans unerlässlich war - und das von Britisch Indien bei jeder sich bietenden Gelegenheit besetzt wurde. Während in den Grenzgebieten immer wieder militärische Konflikte drohten, tobte im Herzen Bhutans ein Machtkampf um die Landesherrschaft. Schließlich konnte sich Jigme Namgyal als erster mächtiger Desi durchsetzen. Seinen Sohn, Ugyen Wangchuck, setzte er als Penlop von Paro ein. Nach dem Tod seines Vaters unterstützte Wangchuck Britisch Indien bei der Besetzung Tibets. Dadurch vergrößerte er seine Macht und wurde 1907 zum ersten Druk Gyalpo - Drachenkönig - gewählt. Er führte die Maharajawürde ein, aus der die Wangchuck-Dynastie hervorging. Die nunmehr guten Beziehungen mit der Ostindien-Kompanie gipfelten 1910 im Vertrag von Punakha, laut welchem Britisch Indien sich zur Nichteinmischung in Bhutans innerstaatliche Angelegenheiten verpflichtete. Im Gegenzug sollte die Außenpolitik des Landes anhand von Anweisungen und Ratschlägen der englischen Regierung geführt werden. Dieser Anspruch ging nach der Unabhängigkeit Indiens an Delhi über. Aus eben diesem Grund ist beispielsweise die deutsche Botschaft in Delhi auch heute noch für sämtliche Angelegenheiten rund um Buthan zuständig.

Freundschaftliche Beziehungen mit Indien

Bhutan pflegt eine lange andauernde Freundschaft zu seinem Nachbarstaat Indien. Dieser kümmert sich um Bhutans außenpolitische Beziehungen und leistet dem kleinen Himalaya-Königreich Wirtschaftshilfe in Form von Straßenbau und Stromversorgung durch Wasserkraftwerke.

Bhutans Weg in die konstitutionelle Monarchie

Obwohl bereits 1953 ein Parlament gegründet wurde, ging im Jahr 1964 die gesamte Staatsgewalt an Bhutans König über. Doch schon vier Jahre später wurde Bhutan zu einer konstitutionellen Monarchie, wodurch das Parlament einige Befugnisse, wie etwa spezifische Gesetzgebungsrechte, erhielt. Seither wird die Exekutive vom königlichen Rat und dem Ministerrat gebildet.

König Jigme Dorji Wangchuck setzte sich für die Abschaffung feudaler Strukturen ein. Damit war in Bhutan das Ende der Leibeigenschaft angebrochen. Außerdem sorgte er für die Etablierung eines umfassenden Bildungssystems.

Im Februar 1971 wurde Bhutan in die UNO aufgenommen. Seine längst bestehende Eigenstaatlichkeit wurde völkerrechtlich anerkannt.

Bhutans vierter König, Jigme Singye Wangchuck, schränkte 1998 seine eigene Macht ein und unterstellte seine Position der parlamentarischen Autorität - gegen deren Willen.

Die ersten politischen Wahlen fanden 2008 statt. Es wurde eine Verfassung verlautbart, die Bhutan zu einer demokratisch-konstitutionellen Monarchie erklärt.

König Jigme Singye Wangchuck dankte Ende 2006 ab. Seither ist sein Sohn Jigme Khesar Namgyal Wangchuck das Staatsoberhaupt Bhutans. Er wurde 2008 offiziell gekrönt.